Buchbesprechung/Rezension:

Bob Woodward: Krieg

Krieg
verfasst am 01.12.2024 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Woodward, Bob
Genre:
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Bob Woodward beschreibt und analysiert die Regierunsgzeit von US-Präsident Joe Biden mit dem Fokus auf drei Themen. Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, die Rückkehr von Donald Trump ins politische Geschehen und dazu Joe Bidens schon früh sichtbaren Verfall.

Zum Überfall auf die Ukraine erfährt man, umfangreich recherchiert, wie immer in den Büchern von Woodward, zunächst einmal, wie Wladimir Putin schon langfristig geplant hatte, den Nachbarstaat zu überfallen und dort die Macht zu übernehmen. Lügen und Provokationen durch den russischen Präsidenten auf der eine Seite. Auf der anderen Seite der Versuch des Westens durch eine Mischung aus Appeasement und Androhung von Gegenmaßnahme im Fall der Invasion. Das erinnert in manchem an das, was Hitler in den Monaten vor dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 der Welt vorgaukelte.

Wenn zu lesen ist, dass Putin eine ähnliche Aktion geplant hatte wie damals die Nazis, um nach einem fingierten Überfall der Ukraine auf Russen einmarschieren lassen wollte, dann lässt sich erkennen, wie nahe Europa bis jetzt an einer noch umfangreicheren Konfrontation vorbeigekommen ist.

Es ist verblüffend, wie exakt die US-Geheimdienste die Ereignisse voraussagen konnten, sie stützten sich dabei, so Woodward, auch auf Informationen direkt aus dem Kreml. Viele der Vorgänge, die Woodward in der Folge beschreibt, haben es in dieser Gesamtheit nicht bis in unsere Medien geschafft. Wie sich Drohungen und Abschwächungen durch die Monate seit dem Überfall zogen, wie oft der machtgierige und gewissenlose Herrscher im Kreml schon mit Kernwaffeneinsatz drohte, das ist in der zusammenfassenden Übersicht noch erschreckender, als die täglichen Kriegsberichte aus der Ukraine.

Während sich der Blick der Welt auf die Ukraine wandte, nahm Donald Trump Anlauf, um wieder ins Weiße Haus zu kommen. Dass es dabei primär das Thema „Vergeltung“ für die erlittene Niederlage (die er niemals zugab) und „Rache“ an denen, die Trump dafür verantwortlich macht, ging, überrascht nicht.

Woodward belegt auch, dass Joe Biden und Kamala Harris schon im Jahr 2022 vor einem Comeback Trumps und den damit verbundenen Folgen für die Demokratie warnten.

Während Trump ab Ende des Jahres 2022 in die Kampagne um seine Wiederwahl eintrat, wurden die Anzeichen für Joe Bidens rapiden körperlichen und kognitiven Verfall in seinem Umfeld sichtbar und ließen sich bald auch nicht mehr vor der Öffentlichkeit verbergen.

Der zweite Kriegsschauplatz: Palästina

Am 7. Oktober 2023 überfielen tausende Hamas-Terroristen Israel, mordeten, folterten, vergewaltigten und verschleppten. Über die Gründe, die hinter diesem Überfall steckten, lässt sich nur spekulieren. Nicht spekulieren lässt sich aber über die Reaktion Israels unter der Führung von Benjamin Netanjahu und seiner mit Rechtsextremisten durchsetzten Regierung.

Aus einer gerechtfertigten Vergeltung gegen die Hamas wurde schnell ein Krieg gegen die Palästinenser insgesamt. Unschuldige Zivilisten starben zu tausenden, was in Israels Regierung niemanden kümmerte. Die Wiedergabe der Kommunikation zwischen Israel und den USA zeigt in erschreckender Weise, wie die Regierung des demokratischen Staates Israel gewissenlos und brutal agieren kann. Weil in Israel eine Regierung an der Macht ist, in der Fundamentalisten entscheidend wirken, dann hat humanes Handeln keinen Platz, dann gewinnt blinde Rache, ohne Rücksicht auf die gegenwärtigen und langfristigen Folgen, ohne Rücksicht auf Unschuldige.

Biden ist in Bezug auf diesen Krieg in einer Zwickmühle. Er hat keine Mittel, Netanjahu zu zwingen, Rücksicht auf die Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen zu nehmen. Denn der vertraut darauf, dass die USA nicht aus ihrer Rolle als Schutzmacht Israels herauskommen kann und will. Ein Dilemma, das Biden innen-und außenpolitisch zu schaffen macht.

Es ist schwer, mitten in einer noch laufenden Amtszeit eines US-Präsidenten ein Resümee zu ziehen. Dennoch schafft Bob Woodward das mit seiner Erfahrung und seinen Quellen, die er durch seine jahrzehntelange journalistische Tätigkeit hat. Für Woodward hat Biden die Krisen in dem Umfang eingedämmt, in dem es ihm möglich war. Zu einer weiter reichenden Eskalation kam es weder in der Ukraine noch im Nahen Osten. Aber eben auch zu keinem Ende der Gewalt.

So sehr Biden in außenpolitischen Belangen unzweifelhaft ein positives Vermächtnis hinterlässt, so zwiespältig wird man sein Vermächtnis im Inneren sehen. Migration und Inflation konnte er nicht eindämmen und lieferte damit Trump, ohne dass der irgendwelche Konzepte vorlegen musste, beste Wahlkampfmunition.

Wirklich gescheitert ist Biden am Ende an sich selbst, an dem Eindruck, den er in der Öffentlichkeit hinterlässt: den eines alten, kränklichen und vor allem verwirrten Mannes, dem man eine weitere Amtszeit nicht zutrauen oder zumuten kann.

Wie auch immer Joe Bidens Regierungszeit am Ende bewertet wird: Er wird wohl eine tragische Figur bleiben, denn er hat es nicht geschafft, durch sein Handeln die Vereinigten Staaten vor einer Machtübernahme des Trump-Clans zu bewahren.

PS: Das Buch endet mit den Ereignissen vor dem Wahltag, der Sieg Trumps findet also keinen Niederschlag.




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