Buchbesprechung/Rezension:

Wolf Haas: Wackelkontakt

Wackelkontakt
verfasst am 18.01.2025 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Haas, Wolf
Genre:
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

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Die Ausgangslage liegt zwischen skurril und gar nicht so abwegig. Zwei zunächst getrennt voneinander laufende Erzählung, die über eine Brücke miteinander verbunden sind. Es ist quasi eine analoge Schnittstelle: Ein Buch, das anscheinend auch genau diese beiden Erzählungen zum Inhalt hat.

Also, um es zu erklären: ein Buch als Hauptdarsteller eines Buches, denn ohne es würde es diesem Buche erst gar nicht gehen.

Skurril ist die Geschichte von Escher, der als Trauerredner sein Geld verdient. Obwohl er also von Berufs wegen mit dem Tod zu tun hat, beunruhigt ihn der Tod des Elektrikers in seiner Küche. Was sicher auch daran liegt, dass Escher gedankenverloren die Sicherung eingeschaltet hatte, während der Mann eine Steckdose monierte. Es war also keiner, aber immerhin glauben alle an einen Unfall. Und, wichtig: Escher liest ein Buch über einen früheren Mafiakiller und späteren Kronzeugen mit dem Namen Elio Russo.

Gar nicht so abwegig ist die Geschichte von Elio Russo, der als Zeuge gegen die Mafia im Zeugenschutzprogramm landet. Mit neuer Identität reist er nach Deutschland und wird dann unter seinem neuen Namen Marko Steiner als Mechaniker zu einer regionalen Berühmtheit unter den Radfahrern. In seinen Tagen im Gefängnis lernte er Deutsch bei seinem Zellengenossen Sven und der übergab ihm auch ein Buch. Darin geht es … um einen Mann namens Escher, der von Beruf Trauerredner ist.

Es wird in beiden Geschichten oft und viel gelesen. Das muss es auch, denn wie sonst sollte man als Leser von einer Realität in die andere wechseln! Escher liest ein Buch über Elio/Marko und Marko/Elio liest ein Buch über Escher.

Wenn auch dieses Grundgerüst ein überaus typisches Haas’sche Gedankenkonstrukt ist, so ist es sein Stil in diesem Roman nur sehr bedingt. Ganz ohne Zweifel gelingen die Sprünge in die jeweils andere Erzählebene mithilfe des Buches ganz wunderbar, sie fügen sich ein, als gäbe es nichts Selbstverständlicheres.

Neben dieser Buch-in-Buch Sache gibt es etwas, das Inhalt des Romanes ist und in zugleich beschreibt. Escher ist ein begeisterter Puzzler (Escher-Puzzles habe ich früher begeistert zusammengesetzt), 1.000 Teile sind das Minimum für seine Ansprüche. Je weiter man liest, desto mehr wird die Geschichte selbst auch zu einem Puzzle, die sich aus immer mehr Ebenen und Verknüpfungen zusammensetzt. Konzentrieren sollte man sich also schon beim Lesen :-)

Etwas habe ich vermisst

Aber die Sprache selbst ist, im Vergleich zu anderen Haas-Romanen, die ich bisher gelesen habe, überaus „brav“, es fehlen ihr leider weitgehend die typischen Wolf-Haas-Funken. Zwar ist der Text durchwegs amüsant, temporeich und voller geschickter Wendungen, aber die übliche und geniale Schreib-Individualität, dieser typische Wolf-Haas-Tonfall, der daraus etwas Besonderes machen würde, fehlt mir. Schade.

Eine wunderbare Idee, diese Verknüpfung von mehreren Ereignisebenen. Es ist ein Spiel mit Zeiten und Raum, dabei so übersichtlich konstruiert, dass man trotz aller Hin-und-Hers den Überblick nicht verliert; und das, obwohl die Frequenz der Wechsel immer höher wird.

Alles zusammen ein empfehlenswerter Roman, der etwas Zeit (bzw. ein paar Seiten) braucht, um in Schwung zu kommen, dann aber für amüsante Stunden sorgt (dreizehn Stunden, um ganz genau zu sein – aber das kann man im Buch ja selbst nachlesen … ).




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