Buchbesprechung/Rezension:

John Grisham: Die Legende

Die Legende
verfasst am 10.04.2025 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Grisham, John
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Eine verlassene Insel vor der Küste Floridas weckt das Interesse eines Baukonzerns. Es darf doch nicht sein, dass es irgendwo noch einen unverbauten Platz gibt, den man noch zubetonieren und ein riesiges Hotel und ein Casino daraufstellen könnte.

Im Fall von Dark Island ist es aber nicht damit getan, ein paar Politiker zu bestechen und die Bagger aufrollen zu lassen. Denn Dark Island war über Jahrhunderte hinweg die Zuflucht für entflohene Sklaven, die dort, unbeachtet von den jeweiligen Besitzern Floridas, ihr selbstbestimmtes Leben führten.

Lovely Jackson ist achtzig Jahre alt, die letzte, die auf Dark Island geboren wurde und die letzte Überlebende ihrer Familie. Dort lebt sie seit vielen Jahre nicht mehr, aber sie betrachtet sich als rechtmäßige Eigentümer in der Insel.

Womit wohl niemand rechnete: Lovely Jackson will sich nicht damit abfinden, dass jemand die Insel und damit das Erbe ihrer Vorfahren zerstört und sie findet viele Mitstreiter. Die Schriftstellerin Mercer Mann, die über die Geschichte der Insel ein neues Buch schreiben wird; den erfahrenen Anwalt Steven Mahon, der Lovely pro bono vertreten wird; den Buchhändler Bruce Cables, der Verbindungen im ganzen Land hat.

Die Geschichte der Bewohner der Insel wurde von Generation zu Generation mündlich übertragen. Seit die ersten geflüchteten oder gestrandeten Sklaven auf Dark Island landeten und ein Leben in Freiheit führten, gab es niemanden, der es für nötig hielt, etwas schriftlich zu hinterlassen.

Ein paar Jahre zuvor hatte Lovely Jackson einen Teil dieser Überlieferungen als Buch veröffentlicht. Die alte Dame beeindruckt alle Menschen, denen sie begegnet; doch kann sie sich wirklich an alles genau erinnern oder bringt sie Ereignisse und Daten durcheinander? Oder entspricht vieles oder alles überhaupt nur ihrer Fantasie?

Um gegen die Anwälte der Baufirma und die Anwälte des Staates Florida zu bestehen, ist es nötig, alles zu beweisen, was Lovely erzählt. Denn nur dann könnte sie rechtmäßige Besitzerin der Insel bestätigt werden.

Wer einen Grisham-Roman liest, bekommt zuverlässig Kritik an den herrschenden Zuständen mitgeliefert.

Am Beispiel Floridas beschreibt er in hier sehr anschaulich, wie Baukonzerne, die Profit um jeden Preis machen wollen, vorgehen. Wie sie agieren, um ihre gigantomanische Bauprojekte zu realisieren, wie sie offene Ohren und offene Geldbörsen bei denen suchen und immer finden, die an den passenden Schaltstellen in der Politik sitzen

Es eine spannende Story über die politischen und juristischen Zustände in den USA. Es beginnt mit dem unsinnigen System, dass dort Richter gewählt werden, inklusive eines wahrscheinlich nicht ganz hypothetisch Beispiels, wie dabei Extremisten auf den Richterstuhl kommen können. Dazu die korrupten Politiker, die sich von Unternehmen kaufen lassen und die rücksichtslose Zerstörung der Natur, wenn dabei nur genug Gewinn herausschaut.

Die Geschichte der Enklave der entflohenen Sklaven vermengt sich mit den gegenwärtigen Zuständen in Politik und Wirtschaft. Wie in solchen Fällen zu erwarten, mündet alles vor Gericht. Wie bei John Grisham zu erwarten, liest man darüber, was vor Gericht an Winkelzügen möglich ist und erfolgreich sein kann. Jetzt kommt aber auch eine Art Leitfaden dazu, wie man mit geringen Mitteln auch gegen ein Unternehmen mit schier endlosen finanziellen Ressourcen antreten kann.

Dass Florida der Schauplatz des Geschehens ist, ist dabei durchaus bedeutsam. Ist es doch ein Staat, in dem extreme Konservative schon seit Jahren daran arbeiten, kulturelle Vielfalt und liberales Denken durch Bigotterie und Manipulation zurückzudrängen.

„Die Legende“ ist ein wahrer Pageturner, mit einer durchaus realistisch erscheinenden Story.

Was man liest, ist aber kein rasanter Spannungsthriller, sondern ein Roman über die Vergangenheit, die aus Geltungssucht, Ignoranz oder Profitgier oft vergessen, umgeschrieben oder überrollt wird. Zugleich, quasi als Gegenpol dzau, ein Roman über die Möglichkeiten, die man selbst gegen übermächtig erscheinende Gegner hat, wenn nur genug Menschen bereit sind, die Stimme zu erheben.

Und letztendlich ruft Grisham die ganze Brutalität und Grausamkeit der Sklaverei in Erinnerung. Das ist wichtig in einer Zeit, in der ein US-Präsident versucht, diese dunkle Vergangenheit seines Landes umzuschreiben und alles auszuradieren, das seiner Vorstellung von White Supremacy widerspricht.

Vor dem Hintergrund einer Welt, die zunehmend von Despoten und Oligarchen aller Ausprägungen in Beschlag genommen wird, hat John Grisham einen Roman über unsere Gesellschaft geschrieben, der festhält, wie möglich und wichtig es ist, dass wir Demokraten uns gegen diese Entwicklung wehren.




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